Was ist Sichtmauerwerk innen und warum lohnt es sich?
Sichtmauerwerk innen ist mehr als nur eine Wand. Es ist ein Designelement, das Wärme, Struktur und Charakter in einen Raum bringt. Ob im Loft, im Industriestil oder in einem modernen Wohnzimmer - rohes Mauerwerk aus Kalksandstein oder Ziegel wirkt authentisch, robust und zeitlos. Doch anders als Außenwände, die Wetter und Frost aushalten müssen, ist Innensichtmauerwerk direkt dem Alltag ausgesetzt: Berührungen, Staub, Feuchtigkeit, Reinigungsmittel. Ohne richtige Behandlung verliert es schnell seinen Reiz. Ausblühungen, verfärbte Fugen oder poröse Oberflächen machen es unschön - und das, obwohl es eigentlich jahrzehntelang halten sollte.
Die richtigen Steine für innen: Was ist erlaubt?
Nicht jeder Stein eignet sich für innen. Laut DIN EN 771-2 und DIN 20000-402 sind KS-Verblender (Kalksandstein-Verblender) die beste Wahl. Sie haben eine gleichmäßige Struktur, wenig Poren und lassen sich gut verfugen. Ein wichtiger Punkt: Frostwiderstand ist für innen nicht nötig. Das bedeutet, dass Standard-Kalksandsteine, die sonst nur für Innenwände verwendet werden, hier völlig ausreichen - solange sie keine sichtbaren Risse oder Unebenheiten haben.
Die Oberfläche muss flach sein: Maximal 10 mm Unebenheit über 10 cm Abstand. Das ist mit modernen Kalksandsteinen kein Problem. Wer eine besonders glatte Wand will, muss aber vorher die Fugen vorspachteln. Das ist kein Hexenwerk, aber es braucht Geduld. Fugen, die zu tief oder zu breit sind, werden später zum Problem - besonders wenn du sie versiegelst.
Fugen richtig machen: Der entscheidende Schritt
Fugen sind das Herzstück von Sichtmauerwerk. Schlechte Fugen = schlechte Wand. Die Fugen müssen gleichmäßig, sauber und fest sein. Ein Fugeisen ist das wichtigste Werkzeug. Damit ziehst du den Mörtel glatt, ohne ihn in die Fuge hineinzudrücken. Rütteln oder zu fest drücken? Das führt zu Rissen und lockeren Stellen. Ein Fugenglattstrich ist eine Alternative: Hier wird der Mörtel einfach mit der Kante des Werkzeugs abgezogen, ohne extra Fugenmörtel zu verwenden. Das geht schneller, ist aber nur bei perfektem Steinabstand möglich.
Wichtig: Alle Hohlstellen, Risse über 0,2 mm Breite und abgebrochene Fugen müssen ausgebessert werden - vor der Versiegelung. Sonst wird der Schmutz später tiefer in die Wand ziehen. Nach dem Verfugen die ganze Wand mit einem nassen Schwamm abwischen. Mörtelspritzer auf den Steinen? Die müssen weg. Sonst bleiben unschöne weiße Spuren. Und: Die Wand mindestens zwei Wochen vor direkter Sonne und Feuchtigkeit schützen. Das gibt dem Mörtel Zeit, richtig auszutrocknen - ohne Risse oder Ausblühungen.
Versiegeln: Wie schützt man Sichtmauerwerk innen?
Ein unversiegeltes Mauerwerk saugt Schmutz, Fett und Feuchtigkeit wie ein Schwamm. Das führt zu Flecken, Verfärbungen und einem ungesunden Raumklima. Versiegeln ist kein Luxus - es ist Pflicht. Aber nicht jede Versiegelung ist richtig.
Die beliebtesten Mittel sind Leinöl und Ölwachs. Beide dringen tief ein, betonen die Struktur der Steine und lassen die Wand atmen. Leinöl wird in drei bis vier dünnen Schichten aufgetragen. Jede Schicht muss mindestens 24 Stunden trocknen. Das Ergebnis? Eine weiche, warme Oberfläche, die sich gut anfühlt und leicht zu reinigen ist. Ölwachs ist etwas haltbarer und etwas weniger anfällig für Fettflecken. Beide sind natürlich, geruchsarm und umweltfreundlich - ein großer Vorteil gegenüber chemischen Imprägnierern.
Chemische Versiegelungen? Nur bei extrem stark beanspruchten Flächen, wie in Küchen oder Werkstätten. Sie bilden eine harte, plastische Schicht, die die Wand nicht mehr atmen lässt. Das kann langfristig zu Feuchtigkeitsschäden führen, besonders wenn die Wand mal feucht wird. Und: Sie verändern den Look. Die Wand wirkt künstlich, glatt, fast plastisch. Das willst du bei Sichtmauerwerk nicht.
Pflege: So bleibt deine Wand jahrelang schön
Einmal versiegelt - und fertig? Nein. Pflege ist der Schlüssel zur Langlebigkeit.
Leichte Verschmutzungen? Mit einem weichen, trockenen Tuch oder einem Staubsauger mit Bürstenaufsatz abwischen. Das reicht meistens. Für stärkere Schmutzschichten: lauwarmes Wasser, pH-neutrale Reiniger und eine weiche Bürste mit Natur- oder Kunststoffborsten. Nie mit harten Bürsten oder Metallspachteln arbeiten. Das kratzt die Oberfläche auf und macht sie anfälliger für neuen Schmutz. Arbeite immer von oben nach unten - sonst verteilst du den Schmutz nur.
Bei Klinker im Innenbereich ist ein weiches Tuch oft besser als eine Bürste. Die Oberfläche ist empfindlicher. Und: Keine Hochdruckreiniger! Selbst wenn sie im Garten funktionieren - innen sind sie zu aggressiv. Sie reißen Fugen auf und drücken Schmutz tiefer in die Poren. Das ist ein klassischer Fehler, den viele machen - und dann wundern sich, warum die Wand trotz Reinigung immer dunkler wird.
Was tun, wenn die Wand feucht ist?
Feuchte Wände sind das größte Problem bei Sichtmauerwerk. Und die meisten Leute machen es falsch. Sie versuchen, den Schaden zu verstecken - mit Farbe, Sanierputz oder Imprägnierung. Das hilft nicht. Die Ursache bleibt.
Erstmal: Woher kommt die Feuchtigkeit? Kondenswasser? Undichte Rohre? Kapillare Aufstiegsfeuchte? Das musst du wissen, bevor du etwas tust. Wenn es Salzausblühungen gibt, ist es fast immer eine aufsteigende Feuchtigkeit. Dann muss der Altputz bis zu einem Meter über der Schadensgrenze entfernt werden. Bohrlöcher in die unterste Fuge? Ja, aber nur wenn nötig. Der Abstand der Löcher: bei 10-40 cm Mauerstärke 12,5 cm, bei 41-70 cm nur 8 cm. Durchmesser 14 mm. Und nie durch die Wand bohren - nur bis 5 cm vor dem Ende.
Sanierputz von Baumit oder ähnliche Produkte helfen nur, wenn die Ursache beseitigt ist. Sonst wirst du in zwei Jahren wieder da stehen - mit derselben Wand. Und: Luftfeuchtigkeit über 65 %? Dann darf kein Sanierputz aufgetragen werden. Der trocknet nicht richtig. Die Wand bleibt feucht. Die Lösung: Lüften, Heizen, eventuell einen Entfeuchter. Die Feuchtigkeit muss runter - dann erst die Sanierung.
Was du unbedingt vermeiden solltest
- Keine starken Reiniger mit Säure oder Alkali - sie greifen die Fugen an
- Kein Hochdruckreiniger - er zerstört die Oberfläche
- Keine lackartigen Versiegelungen - sie verhindern das Atmen der Wand
- Kein Verputzen nachträglich - das macht das Sichtmauerwerk kaputt
- Keine Steine direkt auf dem Boden lagern - das führt zu Ausblühungen
Die Zukunft von Sichtmauerwerk innen
In den letzten fünf Jahren ist die Nachfrage nach Sichtmauerwerk innen um 35 % gestiegen. Vor allem in Leipzig, Berlin und München ist es zum Trend geworden. Menschen wollen Authentizität, Natur und weniger Kunststoff. Die Industrie reagiert: Neue, umweltfreundliche Öle und Wachse kommen auf den Markt. Experten erwarten, dass in den nächsten drei Jahren 25 % mehr Menschen auf natürliche Mittel wie Leinöl und Bienenwachs setzen werden. Gleichzeitig sinkt die Nachfrage nach synthetischen Imprägnierern um 15 %.
Die Fachverbände KS und ZDB prognostizieren jährlich 8-10 % mehr Nachfrage - und damit auch mehr Anforderungen an die fachgerechte Pflege. Wer heute Sichtmauerwerk einbaut, muss auch wissen, wie man es pflegt. Sonst wird es zum Ärgernis - und nicht zum Highlight.