Bevor du eine Wohnung oder ein Haus besichtigst, solltest du nicht nur die Tapete und die Fenster prüfen. Du solltest Dokumente anfordern - und zwar vor der Besichtigung. Viele Käufer machen den Fehler, erst nach der Besichtigung zu fragen, ob es einen Energieausweis gibt oder ob die Garage genehmigt wurde. Das ist zu spät. Die meisten Probleme, die später zum Kaufabbruch führen, sind schon in den Papieren sichtbar - wenn man sie nur sucht.
Warum Dokumente vor der Besichtigung wichtig sind
Stell dir vor, du siehst eine schöne Wohnung. Die Balkone haben Aussicht, die Küche ist modern, und der Vermieter wirkt sehr freundlich. Du bist begeistert. Doch erst nach der Besichtigung erfährst du: Das Haus steht unter einer Baulast. Die Heizung ist nicht genehmigt. Und die Nebenkostenabrechnung zeigt, dass die Kosten in den letzten drei Jahren um 40 % gestiegen sind. Jetzt bist du emotional gebunden - und hast kaum noch Verhandlungsspielraum. Das passiert häufig. Laut einer Studie des Deutschen Maklerverbands und der TU München aus 2022 beschleunigt die vorherige Prüfung der Dokumente den Kaufprozess um durchschnittlich 42 Tage. Warum? Weil du frühzeitig weißt, ob du überhaupt weitermachen willst. Du vermeidest emotionale Entscheidungen und handelst mit Fakten.Die 10 unverzichtbaren Dokumente - Checkliste für 2025
Hier ist die aktuelle Liste, die alle seriösen Immobilienexperten in Deutschland verwenden. Hole dir diese Unterlagen, bevor du den ersten Schritt ins Haus machst.- Grundbuchauszug - Er ist dein rechtlicher Schutz. Er zeigt, wer der rechtmäßige Eigentümer ist, ob es Hypotheken oder Pfandrechte gibt und ob das Grundstück belastet ist. Der Auszug darf nicht älter als drei Monate sein (§ 19 Abs. 2 GBO). Frag nach dem aktuellen, nicht nach dem alten. Ein veralteter Auszug kann dich täuschen.
- Energieausweis - Seit 2014 ist er verpflichtend. Er sagt dir, wie viel Energie das Haus verbraucht. Achte auf den Endenergiebedarf in kWh/m²a. Werte über 200 sind problematisch. Seit Januar 2023 muss zusätzlich ein energetischer Sanierungsfahrplan vorgelegt werden - ein Plan, der zeigt, wie das Haus auf den Klimazielstand gebracht werden kann.
- Flurstückkarte - Diese Karte vom Katasteramt zeigt die genaue Grenze des Grundstücks. Viele Käufer entdecken erst hier, dass ein Teil des Gartens nicht zum Haus gehört oder dass ein Wegerecht über das Grundstück führt. Die Karte kostet zwischen 10 und 25 Euro, je nach Bundesland. Bestelle sie direkt bei der Gemeinde - nicht vom Verkäufer.
- Altlasten- und Baulastenverzeichnis - Frag beim Bauamt danach. Es zeigt, ob früher eine Tankstelle, eine Werkstatt oder eine Chemiefabrik auf dem Grundstück war. Altlasten können teuer sein - bis zu 100.000 Euro Sanierungskosten sind möglich. Auch Baulasten, wie ein Verbot, das Dach zu verändern, stehen hier.
- Anliegerbescheinigung - Diese Bescheinigung von der Gemeinde sagt dir, ob noch Erschließungsgebühren offen sind. Das sind Kosten für Straßen, Gehwege oder Kanalisation, die du als neuer Eigentümer zahlen musst. Oft werden sie verschwiegen.
- Baupläne und genehmigte Unterlagen - Frag nach den originalen Plänen vom Bauamt. Sie zeigen, was ursprünglich genehmigt wurde. Viele Käufer entdecken erst später, dass die Terrasse, die Garage oder das Dachgeschoss nicht genehmigt waren. Das kann zu Abriss oder Bußgeldern führen.
- Grundrisse mit DIN 277-Wohnfläche - Die Wohnfläche nach DIN 277 ist die einzige verlässliche Maßzahl. Verkäufer geben oft die Bruttowohnfläche an - das ist um bis zu 20 % höher. Frag nach den offiziellen Grundrissen mit der berechneten Fläche. Sonst zahlst du zu viel.
- Nebenkostenabrechnungen (mindestens drei Jahre) - Laut VdW-Empfehlung musst du drei Jahre sehen. Wenn die Kosten von Jahr zu Jahr stark steigen, ist das ein Warnsignal. Auch wenn die Abrechnungen unvollständig sind - das ist ein Problem.
- Nachweise über Renovierungen und Modernisierungen - Rechnungen für neue Fenster, die Heizung oder die Dachdämmung. Ohne Nachweise kannst du später nicht beweisen, dass die Maßnahmen genehmigt waren. Und du verlierst den Wert der Investitionen.
- Elektronischer Grundbuchauszug (eGB) - Seit März 2023 kannst du den Grundbuchauszug online beantragen. Er ist innerhalb von 24 Stunden verfügbar. Noch nutzen nur 32 % der Käufer diese Option - aber das wird sich ändern. Nutze ihn. Er ist schneller und sicherer.
Was passiert, wenn Dokumente fehlen?
Laut dem Deutschen Institut für Normung (DIN) fehlen bei 68 % der Immobilienangebote mindestens drei dieser Dokumente. Das ist kein Zufall. Viele Verkäufer - besonders Privatleute - wissen nicht, was sie liefern müssen. Oder sie verstecken etwas. Wenn ein Dokument fehlt, ist das ein rotes Licht. Keine Angst - du kannst trotzdem weitermachen. Aber du musst jetzt anders vorgehen. Frag nach: Warum fehlt es? Wer hat es zuletzt gesehen? Gibt es eine Kopie? Wenn du keine klare Antwort bekommst, zieh dich zurück. Ein fehlender Energieausweis ist kein Problem - ein fehlender Grundbuchauszug ist ein Risiko.Wie du die Dokumente anforderst - Schritt für Schritt
Es ist kein Hexenwerk. Aber du musst systematisch vorgehen.- Starte mit den einfachen Dokumenten - Energieausweis und Grundbuchauszug. 89 % der Verkäufer geben diese heraus. Frag danach, bevor du die Besichtigung vereinbarst.
- Beantrage die offiziellen Unterlagen direkt - Flurstückkarte, Altlastenverzeichnis, Anliegerbescheinigung: Hole sie nicht vom Verkäufer. Gehe selbst zum Katasteramt, Bauamt oder Umweltamt. So vermeidest du Manipulationen.
- Setze Fristen - Sage: „Ich möchte die Dokumente spätestens sieben Tage vor der Besichtigung erhalten.“ Das ist fair. Die meisten Verkäufer haben sie bereits.
- Prüfe, nicht nur sammeln - Lies die Dokumente. Frag dich: Passt die Fläche? Ist die Heizung im Energieausweis erwähnt? Ist das Grundstück belastet? Wenn du unsicher bist, gehe zu deiner Sparkasse - 78 % bieten kostenlose Beratung an.
- Notiere alles - Mache dir eine Liste: Welche Dokumente hast du? Welche fehlen? Was ist unklar? Das hilft dir bei der Besichtigung und später bei der Verhandlung.
Wann du die Checkliste nicht brauchst
Es gibt Ausnahmen. Bei Zwangsversteigerungen, Notverkäufen oder Immobilien, die von einer Bank verkauft werden, ist oft keine vollständige Dokumentation vorhanden. Da geht es nur noch um Preis und Risiko. In diesen Fällen ist eine umfassende Checkliste nicht sinnvoll - du musst dich auf andere Risikomessungen verlassen. Auch bei sehr jungen Immobilien (nach 2015 gebaut) ist die Liste oft überflüssig. Die Dokumente sind digital gespeichert, und die Genehmigungen sind klar. Hier reicht ein kurzer Blick auf den Energieausweis und den Grundbuchauszug.Was Experten sagen - und warum du ihnen glauben solltest
Prof. Dr. Thomas Beyerle, Immobilienrechtler an der Universität Regensburg, sagt: „Die vorherige Dokumentenprüfung ist kein bürokratischer Aufwand, sondern eine zwingende Voraussetzung für einen rechtssicheren Immobilienkauf.“ Dr. Markus Klein, Gründer eines der größten deutschen Finanzdienstleister, ergänzt: „Käufer, die die Checkliste systematisch abarbeiten, reduzieren ihr Risiko von Nachverhandlungen um 78 %.“ Das sind keine leeren Worte. Das sind Zahlen aus tausenden Transaktionen. Die Checkliste ist kein Hindernis - sie ist dein Werkzeug, um nicht übervorteilt zu werden.Die digitale Zukunft: Was sich bis 2025 ändern wird
Bis 2025 wird die digitale Dokumentenabwicklung Standard sein. Die Bundesregierung plant eine zentrale Plattform, auf der alle Immobilienunterlagen gespeichert werden - vom Grundbuch bis zur Heizungsrechnung. Blockchain-Technologie wird die Echtheit garantieren. Bereits jetzt nutzen 63 % der Käufer digitale Checklisten-Apps - im Jahr 2019 waren es nur 29 %. Die führenden Anbieter sind Homeday, Dr. Klein und Baufi24. Ein neuer Trend: Die Flurstückkarte wird mit Luftbildern und 3D-Modellen verknüpft. Du kannst jetzt schon sehen, ob ein Baum die Fassade beschattet - oder ob ein Nachbar ein Dachgeschoss gebaut hat, das nicht genehmigt wurde.
Was du jetzt tun solltest
Wenn du eine Immobilie suchst, dann fange jetzt an. Erstelle dir eine eigene Checkliste mit diesen 10 Punkten. Drucke sie aus. Oder speichere sie als PDF. Bevor du eine Besichtigung vereinbarst, sende diese Liste an den Verkäufer oder Makler. Frag nicht: „Haben Sie den Energieausweis?“ Frag: „Ich brauche die zehn Dokumente der Immobilien-Checkliste bis zum [Datum]. Können Sie sie mir zukommen lassen?“ Das macht dich professionell. Und es schützt dich.Was du nicht tun solltest
- Verlasse dich nicht auf die Aussagen des Verkäufers. Alles, was gesagt wird, muss schriftlich belegt sein. - Ignoriere fehlende Dokumente mit „Das regeln wir später.“ Nein, das regelst du nicht später. Dann hast du schon gekauft. - Glaube nicht, dass du als Erstkaufinteressent „nicht so viel wissen musst“. Je weniger du weißt, desto mehr riskierst du. - Lass dich von schnellen Angeboten locken. Ein gutes Angebot ist kein, wenn die Dokumente fehlen.Frequently Asked Questions
Muss ich alle Dokumente vor der Besichtigung haben?
Nein, du musst nicht alle vor der Besichtigung haben - aber du solltest zumindest den Energieausweis und den Grundbuchauszug vorher erhalten. Die anderen Dokumente kannst du nach der Besichtigung anfordern, wenn du Interesse hast. Aber: Je früher du sie hast, desto besser kannst du entscheiden, ob du überhaupt weitermachen willst.
Was mache ich, wenn der Verkäufer die Dokumente nicht bereitstellt?
Wenn der Verkäufer nicht kooperiert, ist das ein Warnsignal. Bei Privatverkäufern weigern sich 63 %, den vollständigen Grundbuchauszug herauszugeben. In diesem Fall frag nach: Warum nicht? Gibt es einen Grund? Wenn die Antwort unklar ist, gehe weiter. Ein Verkäufer, der Dokumente versteckt, versteckt auch Probleme.
Kann ich die Dokumente selbst beantragen?
Ja, und das solltest du tun - besonders bei Flurstückkarte, Altlastenverzeichnis und Anliegerbescheinigung. Diese Unterlagen bekommst du nur vom Amt. Der Verkäufer kann sie nicht liefern, wenn sie nicht vorhanden sind. Indem du sie selbst anforderst, vermeidest du Manipulationen und bekommst die echten Daten.
Wie lange dauert es, die Dokumente zu bekommen?
Das variiert. Der elektronische Grundbuchauszug (eGB) ist in 24 Stunden da. Die Flurstückkarte braucht 7-10 Tage. Das Altlastenverzeichnis kann bis zu einem Monat dauern. Deshalb: Fordere alles mindestens 15 Tage vor der Besichtigung an. Wenn du zu spät anfängst, verpasst du die Chance, die Immobilie realistisch zu bewerten.
Warum verlangen Banken die Checkliste vor der Kreditzusage?
Weil sie dein Risiko abschätzen müssen. Wenn du keine Dokumente hast, wissen sie nicht, ob das Haus wirklich wertvoll ist. Wenn die Fläche falsch ist, die Heizung nicht genehmigt oder das Grundstück belastet, kann die Immobilie als Sicherheit nicht genutzt werden. Die Bank will vermeiden, dass du später nicht zahlen kannst - weil das Haus nicht das ist, was du dachtest.