Vielleicht haben Sie schon mal davon gehört: Ein Energieaudit nach DIN soll helfen, Energiekosten zu senken. Aber wenn Sie ein Wohnhaus besitzen, dann ist das ein Irrtum. Die Norm DIN EN 16247-1 gilt nicht für Ihre Wohnung, Ihr Einfamilienhaus oder Ihre Mietwohnung. Sie wurde für Unternehmen und Nichtwohngebäude entwickelt - also für Fabriken, Büros, Krankenhäuser oder Schulen. Wenn Sie als Privatperson ein Energieaudit suchen, dann suchen Sie etwas anderes.
Was ist ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1?
Ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1 ist eine systematische Prüfung des Energieverbrauchs in einem Gebäude oder Betrieb. Es geht nicht um den Wohnkomfort, sondern um die Effizienz von Heizung, Licht, Maschinen und Anlagen. Der Auditor prüft, wo Energie verschwendet wird - und wie man das ändern kann. Die Norm wurde 2014 überarbeitet und ist Teil der europäischen Vorgaben. Sie ist streng standardisiert: Wer das Audit durchführt, muss genau diese Schritte befolgen.
Die Verpflichtung dazu gilt nur für Unternehmen, die nicht als kleine oder mittlere Unternehmen (KMU) gelten. Das sind meist Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro. Diese Unternehmen müssen alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen - sonst drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro. Die Regelung stammt aus dem Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G), das seit 2014 gilt.
Warum gilt DIN EN 16247-1 nicht für Wohnhäuser?
Das ist der wichtigste Punkt: Wohngebäude fallen nicht unter diese Norm. Warum? Weil die Anforderungen komplett anders sind. In einem Bürogebäude geht es um 24-Stunden-Betrieb, Klimaanlagen, Serverräume und Lichtschaltungen in Fluren. In einem Wohnhaus geht es um Heizung, Fenster, Dämmung und Warmwasser - und das meist nur von einigen Personen genutzt.
Die DIN EN 16247-1 ist auf industrielle Prozesse und große Energieverbraucher ausgerichtet. Sie fragt nach Anschlussleistungen in kW, Benutzungsstunden pro Jahr und technischem Zustand von Maschinen. Das macht für ein Einfamilienhaus keinen Sinn. Dort gibt es keine Produktionsanlagen, keine Druckluftsysteme, keine Kühltürme.
Stattdessen gibt es für Wohnhäuser die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das BAFA-Förderprogramm. Die EnEV schreibt vor, dass bei Verkauf oder Vermietung ein Energieausweis vorliegen muss. Der zeigt den Energiebedarf des Hauses - aber nicht, wie man ihn senken kann. Dafür brauchen Sie eine energetische Beratung.
Was passiert bei einem echten Energieaudit?
Wenn Sie ein Unternehmen sind und ein Audit durchführen müssen, dann läuft es in fünf Schritten ab:
- Einleitender Kontakt: Der Auditor vereinbart einen Termin, fragt nach Zugang zu Unterlagen und klärt, welche Bereiche geprüft werden.
- Auftaktbesprechung: Gemeinsam mit dem Betriebsleiter werden Ziele, Zuständigkeiten und Zeitplan festgelegt.
- Analysephase: Das ist der Kern. Der Auditor besucht die Anlagen, misst Verbräuche, prüft Heizungsanlagen, Lüftungsanlagen, Beleuchtung, Maschinen - und sammelt Daten: Wie viel Strom, Gas, Heizöl wird verbraucht? Wie viele Stunden laufen die Anlagen pro Jahr? Wie alt sind die Komponenten?
- Berichtserstellung: Der Auditor erstellt einen strukturierten Bericht, wie es die Norm vorschreibt. Er listet den Gesamtenergieverbrauch auf, broken down nach Energieträgern, und berechnet die jährlichen Kosten.
- Abschlussbesprechung: Die Ergebnisse werden vorgestellt. Der Bericht enthält konkrete Maßnahmen mit Investitionskosten, Einsparpotenzial in kWh und Euro, sowie eine voraussichtliche Amortisationszeit.
Ein typischer Bericht enthält 10 bis 30 Maßnahmen. Zum Beispiel: Austausch der alten Heizungspumpe (Kosten 800 €, Einsparung 3.200 kWh/Jahr, Amortisation in 1,5 Jahren). Oder: Umrüstung der Beleuchtung auf LED (Kosten 12.000 €, Einsparung 45.000 kWh/Jahr, Amortisation in 3,2 Jahren).
Was bekommen Sie als Privatperson stattdessen?
Wenn Sie als Hausbesitzer Energie sparen wollen, dann brauchen Sie keine DIN-Norm. Sie brauchen eine energetische Beratung für Wohngebäude - gefördert vom BAFA. Diese Beratung ist freiwillig, aber fast die Hälfte der Kosten wird übernommen: bis zu 80 %, maximal 1.500 Euro für ein Einfamilienhaus. Sie bekommen einen Experten, der Ihr Haus besucht, die Dämmung prüft, die Heizung analysiert und Ihnen einen Sanierungsplan mit konkreten Schritten gibt.
Der Bericht ist nicht so technisch wie ein Energieaudit. Er sagt nicht: „Die Heizungspumpe hat eine Anschlussleistung von 180 W“. Er sagt: „Ihre Heizung ist 22 Jahre alt. Ein neues Modell spart 25 % Heizöl. Die Investition von 8.000 € amortisiert sich in 6 Jahren.“
Und wenn Sie sanieren wollen, dann gibt es noch mehr Förderung: Seit 2023 zahlt das BAFA bis zu 25 % der Sanierungskosten - maximal 60.000 Euro pro Maßnahme. Das gilt für neue Fenster, Dachdämmung, Wärmepumpen oder die Modernisierung der Heizung.
Was unterscheidet ein Energieaudit von einem Energiemanagementsystem?
Ein Energieaudit ist ein Schnappschuss. Es zeigt, wo Sie heute Energie verschwenden. Ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50001 ist ein laufender Prozess. Es bedeutet: Sie haben einen Energiebeauftragten, der regelmäßig prüft, ob die Einsparungen auch wirklich stattfinden. Sie messen kontinuierlich, dokumentieren und verbessern.
Ein Audit ist wie ein Arztbesuch: Der schaut, was los ist, und schreibt ein Rezept. Ein Energiemanagementsystem ist wie regelmäßige Kontrollen beim Zahnarzt - Sie verhindern, dass es wieder schlimmer wird.
Die meisten Wohnhausbesitzer brauchen kein Energiemanagementsystem. Sie brauchen eine gute Sanierung - und dann ist das Problem erstmal gelöst. Unternehmen dagegen haben jeden Tag neue Verbraucher, neue Maschinen, neue Mitarbeiter. Deshalb brauchen sie kontinuierliche Kontrolle.
Wie viel kostet ein Energieaudit - und wer zahlt?
Wenn Sie ein Unternehmen sind und verpflichtet sind: Die Kosten liegen zwischen 5.000 und 20.000 Euro - je nach Größe. Für kleine Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitern sind es oft 1.500 bis 5.000 Euro. Aber: Die BAFA fördert freiwillige Audits - bis zu 80 %, maximal 4.500 Euro. Das heißt: Sie können das Audit machen, auch wenn Sie nicht verpflichtet sind, und nur 20 % selbst zahlen.
Als Hausbesitzer zahlen Sie für eine BAFA-geförderte Energieberatung nur 20 bis 300 Euro - je nach Hausgröße. Die Beratung ist viel günstiger, weil sie einfacher ist. Sie braucht keine Messgeräte für Maschinen, keine Stundenprotokolle, keine Leistungsdaten von Pumpen. Es reicht, die Wände zu messen, die Fenster zu prüfen und die Heizung zu analysieren.
Was bringen Energieaudits wirklich?
Studien zeigen: Unternehmen, die ein Audit durchführen, sparen durchschnittlich 12 bis 15 % Energie. Ein Unternehmen aus der produzierenden Industrie meldete 85.000 kWh Einsparung pro Jahr - das sind über 10.000 Euro. Aber: Die Umsetzung der Maßnahmen dauert oft 12 bis 18 Monate. Viele Unternehmen unterschätzen, wie viel Zeit und Planung es braucht.
Kritik gibt es auch: Die starre Norm lässt wenig Raum für individuelle Besonderheiten. Ein Auditor folgt einem Formular - und manchmal übersehen er oder sie, dass eine Maschine nur einmal im Monat läuft, aber extrem energieintensiv ist. Das wird oft nicht erfasst.
Als Hausbesitzer sind Sie besser dran: Eine BAFA-Beratung ist flexibel. Der Berater passt sich Ihrem Haus an. Er sagt nicht: „Sie müssen das Fenster austauschen.“ Er sagt: „Ihr Dach ist gut gedämmt, aber die Kellerdecke nicht. Da können Sie mit 1.500 € 20 % Heizkosten sparen.“
Was kommt als Nächstes?
Ab 2025 wird das EDL-G novelliert. Dann müssen Unternehmen ihre Energieaudits digitaler dokumentieren. Es wird mehr Transparenz geben - und eine Verknüpfung mit der EU-Taxonomie, also den Regeln für nachhaltige Investitionen. Das macht das Audit noch wichtiger für Unternehmen.
Für Wohnhäuser ändert sich nichts. Die EnEV bleibt. Die BAFA-Förderung bleibt. Und die wichtigste Regel bleibt: Ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1 ist kein Energieberatung für Ihr Zuhause. Wer Ihnen das verspricht, verwechselt die Gesetze. Suchen Sie stattdessen nach einer BAFA-geförderten Energieberatung für Wohngebäude. Das ist die richtige Lösung - und die kostet Sie fast nichts.
Was Sie jetzt tun können
- Wenn Sie ein Unternehmen sind und mehr als 250 Mitarbeiter haben: Prüfen Sie, ob Sie verpflichtet sind. Falls ja: Buchen Sie einen zertifizierten Auditor. Nutzen Sie die BAFA-Förderung, auch wenn es eine Pflicht ist - sie kann bis zu 80 % der Kosten übernehmen.
- Wenn Sie ein Wohnhaus besitzen: Gehen Sie auf die BAFA-Website und suchen Sie nach „Energieberatung Wohngebäude“. Wählen Sie einen zertifizierten Berater. Lassen Sie sich einen Sanierungsplan erstellen. Warten Sie nicht auf die nächste Heizkostenrechnung - machen Sie jetzt den ersten Schritt.
- Wenn Sie einen Anbieter finden, der Ihnen ein „Energieaudit für Ihr Haus“ anbietet: Fragen Sie nach der Norm. Wenn er sagt „DIN EN 16247-1“, dann ist das falsch. Suchen Sie einen anderen.