Grunderwerbsteuer beim Immobilienverkauf: Wer zahlt wirklich und wann muss das Geld da sein?

Grunderwerbsteuer beim Immobilienverkauf: Wer zahlt wirklich und wann muss das Geld da sein?

Beim Immobilienverkauf denkt fast jeder an den Kaufpreis. Aber wer zahlt die Grunderwerbsteuer? Und wann muss das Geld tatsächlich überwiesen werden? Viele Verkäufer glauben, sie sind davon verschont. Und viele Käufer sind schockiert, wenn sie den Steuerbescheid bekommen - mit Beträgen, die sie nicht eingeplant haben. Die Grunderwerbsteuer ist keine Nebensache. Sie ist eine der größten Kostenstellen beim Immobilienkauf - und sie ist nicht automatisch auf den Verkäufer übertragen.

Wer ist eigentlich schuldig, die Grunderwerbsteuer zu zahlen?

Rechtlich gesehen sind beide - Käufer und Verkäufer - gemeinsam steuerpflichtig. Das steht im Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Aber in der Praxis? Nahezu immer zahlt der Käufer. In 98,7 Prozent aller Transaktionen ist das so, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln bestätigt. Warum? Weil es im Kaufvertrag so steht. Und weil der Verkäufer nichts davon hat, diese Steuer zu zahlen. Er bekommt seinen Preis, fertig. Der Käufer hingegen braucht die Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Finanzamt, um überhaupt ins Grundbuch eingetragen zu werden. Ohne bezahlte Grunderwerbsteuer - keine Eigentumsurkunde.

Das bedeutet: Selbst wenn du als Verkäufer denkst, du hast alles klar geregelt, weil du den Preis netto genannt hast - du bist trotzdem rechtlich mitverantwortlich. Nur: Du wirst nie eine Rechnung bekommen. Die kommt immer an den Käufer. Und wenn er nicht zahlt? Dann kann das Finanzamt auch dich verklagen. Das passiert selten, aber es ist möglich. Deshalb: Im Kaufvertrag sollte klar stehen, wer zahlt. Und es sollte nur einer sein: der Käufer.

Wie wird die Grunderwerbsteuer berechnet?

Es gibt keinen einheitlichen Satz in Deutschland. Jedes Bundesland macht das selbst. Der Satz liegt zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises. Das ist kein Scherz. In Bayern zahlst du 3,5 Prozent. In Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Saarland sind es 6,5 Prozent. Das ist fast doppelt so viel. Bei einer Immobilie für 300.000 Euro macht das einen Unterschied von über 9.000 Euro.

Die Bemessungsgrundlage ist nicht nur der Kaufpreis. Dazu gehören auch alle anderen Leistungen, die der Käufer erbringt. Das kann ein eingetragenes Wohnrecht sein, ein Nießbrauch, oder sogar eine vertraglich vereinbarte Renovierungspauschale. Wenn du als Verkäufer dem Käufer sagst: „Ich gebe dir die Wohnung, du machst die Küche neu“ - und das im Vertrag festhältst - dann wird auch dieser Wert als Gegenleistung angerechnet. Ein Fehler, den viele machen. Laut Steuerberaterin Dr. Anja Schulz wurden in 23,4 Prozent der Fälle, die sie 2022 prüfte, solche Nebenleistungen nicht erfasst. Das führte zu Nachforderungen von durchschnittlich 2.845 Euro. Kein Risiko, das du eingehen solltest.

Wann fällt die Grunderwerbsteuer an?

Nicht bei der Unterschrift beim Notar. Nicht bei der Übergabe des Schlüssels. Sondern erst, wenn das Finanzamt den Bescheid schickt. Und das dauert. Normalerweise zwischen vier und acht Wochen nach der Beurkundung. Der Notar sendet den unterschriebenen Vertrag an das Finanzamt. Das prüft ihn, berechnet die Steuer und schickt den Bescheid zu. Erst dann beginnt die Frist. In den meisten Bundesländern hast du einen Monat Zeit, um zu zahlen. In Baden-Württemberg sind es nur drei Wochen - seit Anfang 2023.

Das ist ein häufiger Fehler: Käufer erwarten den Bescheid innerhalb von zwei Wochen. Sie planen ihre Zahlung darauf. Dann kommt er erst nach acht Wochen. Und plötzlich hast du nur noch 14 Tage, um 12.000 Euro aufzutreiben. Ein Fall aus einem Immobilienforum: Ein Käufer erhielt den Bescheid 78 Tage nach der Beurkundung - und hatte nur noch 22 Tage zum Zahlen. Das Ergebnis? Ein Verspätungszuschlag von 1,2 Prozent. Also 144 Euro Extra, nur weil niemand den Notar daran erinnert hatte, den Vertrag sofort zu versenden.

Was du tun kannst: Fordere deinen Notar schriftlich auf, den Vertrag binnen drei Werktagen an das Finanzamt zu senden. Das ist kein Luxus. Das ist Planungssicherheit. Und es kostet nichts.

Waage mit Haus und Steuerbetrag, deutsche Bundesländer mit unterschiedlichen Grunderwerbsteuersätzen im Hintergrund.

Was passiert, wenn die Steuer nicht bezahlt wird?

Die Konsequenzen sind nicht zu unterschätzen. Ohne Unbedenklichkeitsbescheinigung wird das Grundbuchamt die Eigentumsübertragung nicht durchführen. Du bekommst den Schlüssel, aber nicht den Eigentumsnachweis. Das ist ein juristischer Albtraum. Du lebst in der Wohnung, zahlst die Nebenkosten, aber rechtlich gehörst du ihr nicht. Und das Finanzamt kann Zinsen und Strafen verlangen. Die Zinsen liegen bei 0,5 Prozent pro Monat - das ist nicht viel, aber bei 15.000 Euro Steuer werden das in einem Jahr 900 Euro. Und wenn du nicht zahlst, kann das Finanzamt auch dein Bankkonto belasten. Oder den Verkäufer verklagen.

Es gibt keine Ausnahme. Kein „ich hab kein Geld“, kein „ich hab’s vergessen“. Die Grunderwerbsteuer ist eine Pflicht. Und sie ist nicht abwendbar - außer bei bestimmten Familienübertragungen.

Wann fällt die Grunderwerbsteuer nicht an?

Es gibt nur wenige Ausnahmen. Und die sind eng begrenzt. Wenn du die Immobilie an deinen Ehepartner, dein Kind, deine Eltern oder deine Großeltern verkaufst, fällt keine Grunderwerbsteuer an. Das gilt auch, wenn du sie schenkst. Aber Achtung: Das ist nicht steuerfrei. Dann kann Erbschafts- oder Schenkungssteuer anfallen. Und die hat andere Freibeträge und höhere Sätze. Wer zwischen Geschwistern verkauft, zahlt. Wer eine Immobilie an einen Freund oder Nachbarn überträgt, zahlt. Wer sie an eine GmbH verkauft, zahlt. Es gibt keine Hintertür.

Ein häufiger Irrtum: „Ich verkaufe an meine Tochter, sie zahlt mir 1 Euro - das ist doch kein Verkauf.“ Nein. Das Finanzamt schaut nicht auf den Preis, sondern auf den Wert. Wenn die Wohnung 400.000 Euro wert ist, wird das als Bemessungsgrundlage herangezogen - auch wenn nur 1 Euro gezahlt wird. Das ist keine Schenkung, das ist ein versuchter Steuerbetrug. Und das wird geprüft.

Paar mit Schlüsseln vor neuem Zuhause, doch ein dunkler Schatten einer Steuerrechnung liegt hinter ihnen.

Wie beeinflusst die Grunderwerbsteuer den Markt?

Die Grunderwerbsteuer ist kein bloßer Kostenfaktor. Sie verändert den Markt. Eine Studie der Bundesbank zeigt: Wenn ein Bundesland den Satz um einen Prozentpunkt erhöht, sinken die Immobilienverkäufe kurzfristig um durchschnittlich 4,7 Prozent. In Nordrhein-Westfalen, wo die Steuer von 5 auf 6,5 Prozent stieg, brachen die Transaktionen unter 300.000 Euro um 7,2 Prozent ein. Gleichzeitig stieg die Nachfrage in benachbarten Bundesländern mit niedrigeren Sätzen - etwa in Hessen oder Niedersachsen - um 11,3 Prozent. Das ist Steuerflucht. Menschen ziehen nicht nur wegen der Miete, sondern wegen der Steuer um.

Das hat Folgen. Wer eine Wohnung in Berlin kauft, zahlt 6 Prozent. Wer dieselbe Wohnung in Brandenburg kauft, zahlt 6,5 Prozent - und bekommt dafür oft mehr Quadratmeter. Aber der Preisunterschied ist nicht nur der Kaufpreis. Es ist die Steuer. Und die macht den Unterschied. Deshalb ist es sinnvoll, auch die Steuersätze der Nachbarregionen zu prüfen. Ein Käufer aus Hamburg, der in Schleswig-Holstein kauft, spart 1 Prozent - das sind 2.500 Euro bei 250.000 Euro Kaufpreis.

Was du als Verkäufer wissen musst

Du bist nicht verpflichtet, die Grunderwerbsteuer zu zahlen. Aber du musst wissen, dass sie anfällt. Und du musst sicherstellen, dass der Käufer sie zahlt. Sonst verlierst du dein Eigentum - und bekommst kein Geld. Ein guter Verkäufer prüft: Hat der Käufer die Finanzierung? Hat er die Nebenkosten eingeplant? Und: Hat er den Notar angewiesen, den Vertrag sofort zu senden?

Wenn du als Verkäufer den Kaufpreis „netto“ nennst, bedeutet das: „Ich erhalte diesen Betrag, alles andere ist deine Sache.“ Das ist legal. Aber es ist auch riskant. Ein Käufer, der die Grunderwerbsteuer unterschätzt, kann den Kauf platzen lassen. Deshalb: Gib den Käufer die Steuersätze durch. Sag ihm: „In deinem Bundesland sind es 6,5 Prozent. Das sind 13.000 Euro bei 200.000 Euro Kaufpreis.“ Mach es ihm leicht. Dann wird der Verkauf schneller.

Was du als Käufer nicht vergessen darfst

Die Grunderwerbsteuer ist nicht die einzige Nebenkosten. Dazu kommen noch Notar- und Grundbuchkosten - das sind meist 1,5 bis 2,5 Prozent des Kaufpreises. Zusammen mit der Steuer kommen 8 bis 12 Prozent hinzu. Das ist kein kleiner Betrag. Und viele Käufer haben ihn nicht eingeplant. Eine Umfrage von Immowelt ergab: 68,3 Prozent der Käufer nannten die Grunderwerbsteuer als größte Überraschung beim Immobilienkauf.

Was du tun solltest:

  1. Recherchiere den Steuersatz in deinem Bundesland - nicht im Internet, sondern bei deinem Finanzamt oder einem Steuerberater.
  2. Berechne die Steuer mit dem vollen Kaufpreis - inklusive aller Nebenleistungen.
  3. Fordere deinen Notar schriftlich auf, den Vertrag innerhalb von drei Werktagen an das Finanzamt zu senden.
  4. Plane die Steuer als Teil deiner Finanzierung - nicht als Extra.
  5. Vermeide „Sondervereinbarungen“ wie Renovierungspauschalen, die die Bemessungsgrundlage erhöhen.

Die Grunderwerbsteuer ist kein Verstecktes. Sie ist ein klarer, gesetzlich definierter Kostenfaktor. Wer sie ignoriert, zahlt später doppelt. Wer sie kennt, plant sicher.

Zahlt der Verkäufer die Grunderwerbsteuer?

Nein, der Verkäufer zahlt in der Praxis nie die Grunderwerbsteuer. Rechtlich sind beide Parteien gemeinsam schuldig, aber in mehr als 98 Prozent der Fälle wird im Kaufvertrag festgelegt, dass der Käufer die Steuer trägt. Der Verkäufer erhält den vereinbarten Preis und hat keine Zahlungspflicht.

Wann muss die Grunderwerbsteuer bezahlt werden?

Die Grunderwerbsteuer wird nicht sofort fällig. Nach der notariellen Beurkundung sendet der Notar den Vertrag an das Finanzamt. Dieses berechnet die Steuer und sendet einen Bescheid. Die Frist zur Zahlung beginnt erst mit dem Eingang dieses Bescheids. In den meisten Bundesländern hast du einen Monat Zeit, in Baden-Württemberg nur drei Wochen.

Wie hoch ist die Grunderwerbsteuer in meinem Bundesland?

Der Satz variiert zwischen 3,5 und 6,5 Prozent. Bayern und Sachsen haben 3,5 Prozent. Berlin, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern haben 6 Prozent. In Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Saarland und Thüringen beträgt er 6,5 Prozent. Der genaue Satz hängt vom Bundesland ab, in dem die Immobilie liegt - nicht vom Wohnsitz des Käufers.

Gibt es Ausnahmen von der Grunderwerbsteuer?

Ja, bei Übertragungen zwischen nahen Verwandten: Ehepartnern, Eltern und Kindern, Großeltern und Enkelkindern. Auch Schenkungen und Erbschaften fallen nicht unter die Grunderwerbsteuer. Allerdings kann dann Erbschafts- oder Schenkungssteuer anfallen. Transaktionen zwischen Geschwistern oder Freunden sind steuerpflichtig.

Was passiert, wenn ich die Grunderwerbsteuer nicht bezahle?

Das Grundbuchamt weigert sich, dich als neuen Eigentümer einzutragen. Du hast die Wohnung, aber keinen rechtlichen Anspruch darauf. Das Finanzamt verlangt Zinsen (0,5 % pro Monat) und kann Strafen verhängen. Im schlimmsten Fall belastet es dein Konto oder verklagt den Verkäufer, der ebenfalls rechtlich haftet.